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[Politik] - Staatliche Pflichten

Beim anarchitect wird sich darüber aufgeregt, das Susanne Osthoff in den deutschen Medien so schlecht behandelt wird, weil sie entgegen aller Bitten und Meinungen wieder in den Irak zurückkheren will.

Das wirft eine grundlegende Frage auf:

Wann und in welchen Fällen ist der deutsche Staat gegenüber seinen Bürgern verpflichtet, diesen im Ausland beizustehen?

Sicher, es ist Osthoffs freie Entscheidung, zurück in den Irak zu gehen. Sie kann sich frei bewegen und im Rahmen der Gesetze des jewieligen Landes tun und lassen was sie will. Nur was passiert, wenn sie dort wieder in Gefangenschaft gerät oder anders in der Tinte steckt? Muss Deutschland, respektive das Auswärtige Amt, sie da wieder rausholen? Welchen Aufwand muss Deutschland dafür betreiben?

Sicher ist, das Deutschland denjenigen hilft, die unverschuldet in eine Notlage im Ausland geraten sind. Keine Frage. Auf bei der ersten Entführung von Osthoff war es eine Selbstverständlichkeit, ihr zu helfen und sie mit allen Mitteln zu befreien. Nur muss Deutschland das auch ein zweites mal tun?

Anders ist dies gewiss bei Personen, die deutsche Interessen, Deutschland direkt, vertreten. Wir beispielsweise der deutsche Botschafter in Bagdad entführt, und beschließt dieser nach seiner Freilassung seine Tätigkiet vortzusetzen, so würde auch bei erneuten Gefahren alles für ihn unternommen.

Nur gilt dies auch für Privatpersonen, die sich bewußt und entgegen aller Warnungen wiederholt(!!!) in Lebensgefahr begeben? Die ihre egoistischen Privatinteressen über die der Gesellschaft stellen, indem sie bei einer erneuten Entführung vielleicht wieder an den Bundespräsidenten und den Bundestag appellieren, sie dort rauszuholen?
Ich denke nicht!

Und auch ohne eine erneute Entführung klängen die Hilferufe Osthoffs in der Gefangenschaft nach dem deutschen Staat als Retter bei einer Rückkehr in den Irak wie blanker Hohn.
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Kommentare:

Ich habe mich darüber aufgeregt, wie sie behandelt wird, OHNE dass sie je gesagt hat, in den Irak zurückzukehren. Osthoff hat es sich bislang offen gehalten. Was doch nachvollziehbar sein sollte, schlieszlich hat sie lange Zeit dort gelebt und gearbeitet.

Diese Debatte wirft meiner Meinung nach ganz andere grundlegende Fragen auf: Wer macht diese Diskurse? Wer lässt sich mit einspannen? Und wem nützen sie?

Wir können aber auch über die Verschwendung von Steuergeldern reden. Ich finde im Übrigen exorbitante Agrarsubventionen und diese ständige Aufrüstung blöd. Aber mich fragt ja keiner.

Welche egoistischen Privatinteressen meinst du eigentlich? Es scheint ja geradezu, dass Frau Osthoff die Neuauflage von Florida Rolf wird.

Anarchitect am 29.12.2005 - 19:17:47

Wenn die Frau dort wieder hin will, dann soll sie es machen.
Allerdings möchte ich dann nichts lesen oder hören wenn die Frau wieder entführt wird. Das ist dann ihre eigene Schuld bzw. Dummheit. Dann soll eben sie und ihre Familie zusehen wie sie das Geld ein zweites mal auftreiben. Ich denke nochmal wird Deutschland für diese Frau kein Lösegeld zahlen.

Daniel am 29.12.2005 - 21:58:09

Ich denke auch, dass sie es auf eigene Verantwortung tun sollte. Bin auch der Meinung, das Deutschland nicht ein zweites Mal zahlen sollte, befürchte aber, dass Deutschland im Falle des Falles dieses dennoch tun wird.

Katja am 30.12.2005 - 09:23:17

@Anarchitect:
Allein, dass sie es offen läßt ist Grund genug für eine Debatte über die Abwägung von Privatinteressen gegenüber Staatspflichten. Sollte sie sich entgegen aller Warnung für eine Rückkehr ins Kriegsgebiet entschließen, so würde "ich als Staat" überlegen, ob ich vom Spielraum gebrauch mache, der Frau die gesamte Aktion (und auch alle zukünftigen Aktionen) einfach in Rechnung zu stellen. Billig sind solche Interventionen von AA, BND und BKA sicherlich nicht.

Und wem diese Diskurse nützen? Dem deutschen Steuerzahler und der Gesellschaft, die mal darüber nachdenken kann, welche Leistungen ein Staat zu erbringen hat und wo dies aufhört und wieweit die Freiheit des Einzelnen mit Blick auf ein gesellschaftsverträgliches Verhalten gehen darf.

Konrad am 30.12.2005 - 10:08:56

Also ich bin auch der Meinung, dass eine Rückkehr in den Irak auf Osthoffs eigenes Risiko gehen sollte.

Allgemeingesehen frage ich mich aber wieder einmal, wie weit der Staat wirklich in der Pflicht steht, wenn Bundesbürger in (Risiko-)Länder reisen, wo Entführungen bekanntermaßen eher im Bereich des möglichen sind, wie z.B. Sudan, Algerien, Jemen, etc. (auch wenn das 'Auswärtige Amt' nicht ausdrücklich davor gewarnt hat).

Also wenn ein Pfälzer in ein Gebiet zum Fischen reist, um das sich Araber und Iraner seit Jahren streiten, und dort entführt wird, dann,... nunja sagen wirs doch einmal so:
Er hats IMHO irgendwie nicht anders verdient (eg).

Matthias am 30.12.2005 - 17:56:05

:Die ihre egoistischen Privatinteressen
: über die der Gesellschaft stellen,

Ja, es ist in der Tat sehr egoistisch von der Frau Osthoff, im Irak Kulturgüter der Menschheitsgeschichte vor Raubausgrabungen schützen zu wollen. Sowas ist ganz sicher nicht im Interesse der Gesellschaft.

Mikey am 30.12.2005 - 21:01:43

Sie kann doch retten soviel und wen sie will. Nur wenn dies ohne Einverständniss derer geschieht, die sie um Hilfe anfleht, ist es heuchlerisch.
Von mir aus kann sie doch wieder zurück gehen. Sag ich doch gar nichts. Doch darf dann die Frage erlaubt sein, ob sie dann Hilfe von der deutschen Regierung erwarten darf, wenn sie erneut entführt wird oder andersweitig zwischen die Fronten gerät.

Konrad am 30.12.2005 - 21:52:33

Eine Krankenversicherung zahlt auch beim 2., 3. und jedes weitere Mal, wenn ich mir beim Skifahren das Bein breche. Sollte mir die Krankenkasse deswegen das Skifahren verbieten, wenn ich mir dabei ein Bein gebrochen habe? Schließlich wird das auch von allen Beitragszahlern finanziert.

Mikey am 30.12.2005 - 22:21:39

@Mickey:
Guter Einwurf. Und genau da liegt das Problem:
Wo liegt die Grenze?
Beinbruch? 2 Miollionen Lösegeld? Rückflug aus dem Krisengebiet in Luftwaffen-Jet?

Ich denke, wenn die deutsche Regierung den Betroffenen alle Aktionen in Rechnung stellt, könnte ich ruhig schlafen.
Ausgenommen Personen im Staatsauftrag und in Gebieten, für die keine Warnungen oder expliziete Hinweise vorliegen.

Konrad am 30.12.2005 - 22:51:37

Nun, zunächst einmal: jeder Deutsche hat Anspruch auf konsularische Hilfe. Egal ob ein-, zwei- oder hundertmal. Im Übrigen gibt es dazu §5 (5) Konsulargesetz. ("Der Empfänger ist zum Ersatz der Auslagen verpflichtet. Die Ersatzpflicht trifft neben ihm auch seine Verwandten und seinen Ehegatten im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht. Die Verpflichtung zum Ersatz geht auf die Erben über. Die Haftung der Erben beschränkt sich auf den Nachlaß.") Die entsprechenden Diskussionen insbesondere in den Medien und durch Politiker zweiten Ranges sind also völlig unnütz - die Bundesregierung wird schon entsprechend handeln wenn sie der Meinung ist, das sie nicht mehr aus Steuermitteln dafür aufkommen will.

Mikey am 30.12.2005 - 23:07:08

Noch was: die Frage ist eher, ob man überhaupt jemals Lösegeld zahlen sollte. Es gab mal den Spruch "Mit Terroristen wird nicht verhandelt." Das Zahlen von Lösegeld hingegen ist ja geradezu eine Aufforderung, gleich die nächste Entführung zu starten...

Mikey am 30.12.2005 - 23:09:31

Ja soweit kann ich dir zustimmen. Aber eine Debatte darüber, was der Staat "im Geheimen" tut, ober Lösegeld zahlt, ob er Auslagen zurückverlagen sollte etc., ein solche Debatte ist sicher nicht völlig fehl am Platze und kann durchaus mal geführt werden. Auch um evtl. Reiselustige in Konfliktgebiete auf die Konsequenzen hinzuweisen und sie nicht in allzugroßer Sicherheit zu wiegen, dass Vater Staat für alles (finanziell) aufkommt. Er kann es auslegen und das sollte er auch. Aber genauso hat er einen Anspruch darauf, in Einzelfällen dies zurückzufordern ...

Ob Lösegeld oder nicht, da kann man zum einen die moralisch voll vertretbare Lösung "Nie Lösegeld" vertreten (übrigens auch durch den BGH in den 70ern so bestätigt). Was da aber hinter den Kulissen an Zugeständnissen läuft, seien es nun Brunnen oder eine Tonne Care-Pakete o.ä., da kann man drüber verhandeln. Aber all dies würde ich Frau Osthoff in Rechnung stellen, sollte sie erneut im Irak entführt werden.

Konrad am 30.12.2005 - 23:15:00

Eine solche Debatte kann und sollte sicher auch geführt werden, keine Frage. Ob das jedoch gemacht werden muss weil es gerade konkret einen Fall gibt ist aus meiner Sicht recht fragwürdig, aber dass ist der Umgang der Medien mit dieser Angelegenheit ohnehin.


Ich bezweifle, dass Frau Osthoff genügend Mittel hätte, um diese Kosten zu zahlen. Insofern bleibt es letztendlich doch am Steuerzahler hängen.

Mikey am 30.12.2005 - 23:35:55

Nun ja ... aber vielleicht würde sich Frau Osthoff mit einer Backe voller Schulden zukünftige Schritte besser überlegen.

Konrad am 30.12.2005 - 23:48:54

Eine, wenn nicht die grundsätzliche Frage in dieser Diskussion ist doch: Besteht ein erhöhtes Risiko einer erneuten Entführung für Osthoff? Wenn Ja, sollte sie aus eigenem Interesse wohl tatsächlich nicht mehr in den Irak reißen. (Übrigens wiegt hierbei das eigene Interesse immernoch schwerer als das Interesse der deutschen Gesellschaft/des deutschen Staates.) Wenn aber nicht, und weil es sich tatsächlich nicht besser abschätzen läßt, ist eher davon auszugehen: Warum soll sie nicht in den Irak zurückkehren und ihre Arbeit verrichten? Denn nach obiger Argumentation müsste man wirklich jeden Deutschen und aus Sicht anderer Nationen sowieso alle dortigen Ausländer aus dem Irak abziehen, denn für alle besteht ein gewisses Risiko dort. Ich will sogar behaupten für Osthoff als "friedliche" Archäologin noch viel weniger als für Polizeiausbilder oder Politiker oder gar Soldaten. Osthoff ist immernoch nur eine unter vielen. Deswegen ist es a) moralisch in Ordnung, in den Irak zurückzukehren, wenn sie es denn so will und vor allem b) sollte es nicht zu irgendwelchen Subventionen ("auf eigene Verantwortung") oder ähnlichem kommen, auch wenn sie wieder ausreist.

benni am 01.01.2006 - 14:22:00

Frau Osthoff kann doch machen, was sie will. Und sicher kann sie sich auch sooft wie sie will von den deutschen Behörden befreien/freikaufen lassen ... doch dann nur auf ihre Kosten.

Und zwischen Personen im Staatsauftrag wie Botschaftern, Polizeiausbildern etc. und Personen, die ihr privates Hobby im Irak ausleben ist ein himmelweiter Unterschied was die Unterstützung durch den Staat angeht. Auch wenn das Hobby von Frau Osthoff vielleicht gemeinnützig und weltkulturbedeutsam erscheint. Sie ist nicht autorisiert und damit in privater Mission unterwegs ...

Konrad am 01.01.2006 - 14:37:10

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