[Alltag] - Karstadt und die Preise

Freunde des Einzelhandels.

Was ich heute bei Karstadt erleben musste spiegelt 1:1 meinen Eindruck zum Thema "Kundenfreundlichkeit im Osten" wider:

Ich kaufte ein Fahrrad-Rücklicht. Ausgewiesen war es im Regal mit 16,95€. Als ich an der Kasse 22,95€ bezahlt hatte wurde ich stutzig, ging zurück. 16,95€ standen dran. Und es hingen noch weitere Rücklichter da. Ich schloss auch eine Verwechslung aus: Kein Rücklicht zum teuren Preis an der Nachbarstange. Sogar nirgends ein Rücklicht für 22,95€.

Ich also zurück zur Kasse. 6€ Rückerstattung.
Von wegen!!!
Kassiererin 1: "Nö. Sie können die Ware zurückgeben oder es lassen"
Ich: "Sie müssen mir das für 16,95€ verkaufen, wenn Sie es so dranschreiben"
Kassiererin 1: "Da ist uns ein Fehler unterlaufen."

Ich wollte den Chef sprechen und denk mir noch "Die werden doch jetzt hier nicht die dienstälteste Verkäuferin suchen, die mich dann von meinem Vorhaben abbringen soll?"

Dienstälteste Verkäuferin*: *blaff "Neee ... das ist im System falsch ... das ist die EAN"
Ich: "Hä? Ist mir doch egal, warum das bei Ihnen hier falsch läuft."
Dienstälteste Verkäuferin*: "Ja machen Sie denn keine Fehler???"
Ich: "Klar. Und dann muss ICH auch dafür grade stehen ... und nicht meine Kunden!" *smile
Dienstälteste Verkäuferin*: "EAN ... im System .. blaaa ... Zurückgeben oder sein lassen"
Ich: "Schauen Sie mal hier die T-Shirts. Da haben Sie groß 20€ drüber stehen. Wer sagt mir, dass Sie da an der Kasse nicht einfach 50€ nehmen und wenn es wer merkt sagen: Upps. Sorry. Fehler. ... ?"
Dienstälteste Verkäuferin*: "Nun werden Sie mal hier nicht unverschämt!" *schnauf *grummel
Ich: "Wenn Sie alle Ihre Kunden so behandeln, dann wundert mich nicht, dass es mit Karstadt den Bach runter geht ..."
Dienstälteste Verkäuferin*: *krächz "Karstadt is nich auf'm letzten Zahn!!!"
Ich: "bla ... Chef vom Dienst ..."
Dienstälteste Verkäuferin*: "Hä? Nö"
Ich: "Dann hätte ich gerne Ihren Geschäftsführer gesprochen."
(Diese Entscheidung bedurfte einer Betriebsratsversammlung aller Verkäuferinnen der Ebene sowie der Abteilungen "Betten", "Sport" und "Kurzwaren")
Dienstälteste Verkäuferin*: "Der ist in einer Besprechung."

*Ost-Verkäuferin-Ich-Bin-Chef-Und-Der-Kunde-Soll-Kriechen-Typ (Name: Frau Hahn)

Leider hatte ich dann keine Zeit, zu warten ... Der Brief an den Geschäftsführer geht aber morgen raus.

Eine Frage an die mitlesenden Juristen: Ist für sowas das Gewerbeaufsichtsamt zuständig?

P.S.: Eigentlich sollte das ein Beitrag zum tollen Service bei Karstadt werden. Ich war nämlich zuvor perfekt in Sachen "Schuhe, Sakko, Hemd" beraten worden!

Kommentar eines unmittelbaren Augen- und Ohrenzeugen:
Da ist eine Herrenfachverkäuferin mal so richtig freundlich, empfiehlt in der seltenen Größe 102 ein wunderschönes Sommersakko für den Schäppchenpreis von 50€, reißt drei Oberhemdenverpackungen auf und entfernt minutiös alle Stecknadeln, nur damit Konrad die richtige Ärmellänge findet...
und dann 5 Minuten und eine Etage tiefer das:
'Glanz und Elend des Einzelhandels im Osten'

Roland am 08.06.2005 - 21:55:55

Das Vorgehen selbst ist äusserst suspekt und führt dazu, dass ich eigene Entscheidungen, in Karstadt einzukaufen, demnächst überdenken werde, aber es ist doch gewiss kein über-den-Kamm-scherbares Ostphänomen! Wieso hast du nicht gleich an der Kasse gesagt dass es anders ausgepreist war und du es für diesen Preis nicht kaufen wirst? ;) Bin sehr gespannt auf die Antwort des Geschäftsführers...

Ines am 08.06.2005 - 22:21:35

Weil ich an der Kasse zunächst von einem Fehlverhalten meinerseits ausgegangen bin ... man kann sich ja selbst geirrt haben ... und da will man ja nicht gleich losschimpfen von wegen, dass sei aber billiger ausgepreist ...

Konrad am 08.06.2005 - 22:27:33

Oh je, der grosze Showdown: Konrad vs Karstadtkassiererin. Schon traurig, woran du dich so abarbeitest. Was treibt dich? Die Genugtuung, wenn der Geschäftsführer eine disziplinarische Masznahme verspricht? Oder besser ihre Kündigung?

Marian am 08.06.2005 - 22:44:28

Die Kassiererin hat sich voellig zu Recht verhalten. Preisauszeichnung an der Ware ist das Eine, aber der Kaufvertrag zwischen Kunde und Haendler kommt erst an der Kasse zustande.
Daher ist es korrekt wenn die Kassiererin sagt - nehmen oder sein lassen.
Gab es gerade erst nen entsprechendes Urteil zu, wenn mir wieder einfaellt wo ich es gelesen habe, poste ich den Link hier. Bis dahin:

http://forum.de.selfhtml.org/archiv/2002/7/t17311/

Pinky am 08.06.2005 - 23:45:59

Und was ist nun mit dem Rücklicht? Hast Du es mitgenommen oder da gelassen? Denn das Angebot, ohne Probleme das Geld wiederzubekommen, bietet sich einem nicht so oft...

Tobias am 09.06.2005 - 00:00:58

@Marian: Showdown hin oder her. Es ist schon eine grundsätzleche Frage, ob ich meinen ganzen Frust über Unzulänglichkeiten des Alltags in mich reinfressen soll um irgendwann ein Magengeschwür zu kriegen oder ob ich gewisse gesellschaftliche Normen einfordere. Beispiel: Wenn auf meinem Radweg zum xten mal ein BMW mit Warnblinker parkt und ich mich vorbeiquetschen muss. Darf ich dann zu dem Polizisten an der Ecke gehen und den Fahrer 'anzeigen', auch auf die Gefahr hin dass er dafür 20€ Ordnungsgeld kriegt?
Und im obigen Fall gehrt es nicht um irgendwelche Rechtsstandpunkte sondern einfach darum, dass die Verkäuferin inkompetent, renitent und anmaßend war.

Roland am 09.06.2005 - 14:07:36

@Roland: Da ist wohl was dran. Es geht auf den Grundsatz zurück, nach welchen Maszstäben wir Gesellschaft formen wollen. Dann nehme ich an, dass es für dich und Konrad grundsätzlich sein muss, beim Einkauf Freundlichkeit und ein genormtes Kunde(König)-Kassiererin(Diener)-Verhältnis vorzufinden oder eben einzufordern. Wahrscheinlich ist das dann nach euren Maszstäben zivilgesellschaftliches Engagement. Und weil die Ostkassierin es einfach nich in ihre Birne kriegt, dass sie hinter der Kasse steht und bitteschön gewissen gesellschaftlichen Normen gerecht werden sollte, brauch es die Mudschaheddin der Dienstleistungsgesellschaft, die es ihr hingabevoll beibringen. Tut mir leid, dafür habe ich wenig Verständnis. Weil es mir nicht grundsätzlich genug ist.

Ich glaube übrigens nicht, dass Konrad in der Gefahr schwebt an seinen Magengeschwüren des Alltagsfrustes umzukommen. Vielmehr glaube ich, dass die Karstadtangestellte wesentlich mehr Gründe hätte, Geschwüre zu bekommen, wenn wir betrachten würden, was sie für einen Job hat und wo sie damit gesellschaftlich steht. Mal ganz abgesehen von Kunden, die sich an der Kasse über falschausgepreiste Produkte profilieren.

Vielleicht ist das jetzt auch zu grundsätzlich, ich finde es dennoch arm und traurig, dass wir uns über die Oberfläche ereifern, die Wurzeln der Verhältnisse aber ignorieren.

Marian am 09.06.2005 - 20:06:22

@Marian Grundsaetzlich stimme ich Dir zu. Das Verhaeltnis zwischen Kunde und Verkaeufer wird oftmals missbraucht. Der Kerl da hinter der Theke ist auch nur ein Mensch und Menschen machen nun einmal Fehler, bzw. es muss noch nichtmal ihm passiert sein.

In meiner zeitweiligen Taetigkeit als Service-Onkel im Saturn habe ich es mit mannigfaltigen Kundenpersoenlichkeiten zu tun. Leider ist der Typus "Arschloch" immer oefter darunter zu finden. Gerade heute hatte ich wieder einen netten Fall, wo der Kunde sich herabliess mich zu duzen und mir zu erklaeren wie ich meine Arbeit zu erledigen habe ...


Pinky am 09.06.2005 - 21:01:40

Als mitlesender Jurist: technisch ist das korrekt, was die Karstadt-Dame sagt (wenn auch wenig freundlich): irren darf man sich erst einmal, ein fixes, bindendes Angebot liegt nicht vor; nur eine sog. Invitation ad offerendum.

Wenn man sich allerdings mit Absicht "irrt", um Leute in den Laden zu locken, die dann etwas teureres kaufen müssen, dann ist das ein Fall des unlauteren Wettbewerbs. War hier aber wohl nicht so.

Zum Ossi-Thema: der Service hier in MUC kann ähnlich schlecht sein. Manchmal fühlich ich mich - was das betrifft - hier fast wie (ganz) zuhause.

Arne am 10.06.2005 - 10:20:27