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[Politik] - Nazis wählen Nazis

Bis jetzt hab ich mich ja noch nicht zur Wahl der Nazis in Brandenburg und Sachsen ausgelassen. Warum eigentlich?
Denn an diesen Worten von Nico ist viel wahres dran:
Den Schrott von den Protestwählern kann ich auch nicht mehr hören. Diese Mär vom Wähler der in der Kabine steht und zu sich sagt: “Jetzt zeig ich es denen da oben aber mal, jetzt wähl’ ich mal eben die Nazis, doh!” Was ist denn das bitte für eine hirnrissige Herangehensweise? Um dem Kanzler zu zeigen, dass mir seine Politik am Ar*** vorbei geht wähle ich jetzt mit einem Male etwas, was mir gar nicht gefällt, was ich vielleicht sogar abgrundtief hasse. SO EIN QUATSCH! Soll das des Volkes Drohung sein? Macht die Politik die wir wollen, sonst kehren wir zurück zum dritten Reich? Wer behauptet DVU- und NPD-Wähler seien bloss Protestwähler verharmlost IMHO die Situation.
Zitat von Nico/Webpropaganda

Ich denke auch, das der Begriff von der Protestwahl in vielen Fällen nur als Ausrede her halten muss, um sich nicht mit der Materie beschäftigen zu müssen. Und wenn die DVU erneut in den Landtag gewählt wird, ist das kein Protest mehr. Dann unterstell ich mal Überzeugung und Sympathie. Oder zumindest Dummheit. Genau die Dummheit, die in den 30er Jahren zu der flächendeckenden Schar von Mitläufern und Sympathisanten geführt hat.

Warum werden aus Protest nicht die "Partei bibeltreuer Christen" oder die "Grauen Panther" oder andere harmlose Parteien gewählt?

Weiterhin kommt hinzu, dass sich die Leute nichts daraus machen, dass sie sich nicht schämen, in der braunen Suppe ihr Kreuz zu setzen. Bei 23% für die NPD in Schöna und einer Wahlbeteilligung von 60% ist das immer noch jeder 7. Bürger, der aktiv die Nazis gewählt hat. Die Dunkelziffer in Form von nichtwählenden NPD-Anhängern mal nicht mitgerechnet. Dabei liegt die Arbeitslosenquote in der Sächsischen Schweiz mit 16% weit unter dem Ostdurchschnitt. Und der Ausländeranteil ist kaum messbar (1,6%). Wie würden NPD-Wähler da reagieren, wenn sie einmal 4 Wochen in Frankfurt oder Bremen leben sollten? Ticken die dann völlig weg? Kriegen die Schreikrämpfe? Laufen die Amok?

Und wir sind vor 2 Wochen noch mittendurch gefahren. Ich hatte im Hinterkopf immer den Erfolg der NPD bei den Kommunalwahlen. Und ich hab nichts finden können, was einen solch starken Frust, einen solchen Hass, rechtfertigen könnte, den Deutschen (und der Welt) ein 4. Reich herbeiwählen zu wollen.
Schmucke Häusschen. Chicke Strassen. Kaum verfallene Bauten. Keine sichtbare Armut. Keine Trabbis, nur neue Westautos. Und nach dem Hochwasser vor 2 Jahren wurde alles mehr als nur wiederhergerichtet. Der Campingplatz in Königstein ist der modernste, den ich je gesehen habe.
Ob der Campingplatzwart auch die Nazis angekreuzt hat? Oder die Verkäuferin im Fotogeschäft? Oder die Apothekerin? Oder der Fremdenführer auf der Festung? Oder der Förster, der uns freundlich den Weg beschrieb? Oder die Kassiererin im neuen EDEKA? Oder der Fährmann? Vielleicht der Mann mit dem Kind auf der Parkbank?
Einer von ihnen mit Sicherheit. Vielleicht sogar mehr. 23% kommen nicht von ungefähr.
Und keiner sah aus wie ein Nazi. Keiner rannte in Springerstiefeln rum. Keiner von ihnen hatte eine Glatze oder hatte sein Auto schwarz-weiß-rot gestrichen.

Braun ist eine salonfähige Farbe in Sachsen geworden. Ein Farbe, die von Anwälten, Ärzten, Geschäftsleuten getragen wird. Die sich im Bürgertum (wieder) verankert hat. Der man sich nicht schämen muss.

Eine Lösung durch Aufklärung? Noch mehr Aufklärung? Alle Nazis(-wähler) dürften es in der Schule genügend gehört haben. Und sie hören es täglich aus allen Medien.
Letztens las ich das Zitat: "Die Leute wollen gar nicht, dass man ihnen die Dinge erklärt."
Das ist leider traurig, aber wahr.

Trotzdem muss man dagegen angehen, ankäpmfen, anschreiben. Man muss mit den Leuten reden, ihnen Lösungen anbieten, eine Alternative. Indem man sie als Protestwähler abtut und zum Alltagsgeschäft zurückgekehrt ist keinem geholfen.
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Kommentare:

Die Antwort steckt im Text. Die NPD wird von den meisten, vor allem älteren Wählern als eine ganz normale Partei wie die CDU oder SPD wahrgenommen. Deshalb ist es nicht verwunderlich das die DVU wiedergewählt wird. Zitat aus einem Fernsehbeitrag, wo ein Ehepaar im Erzgebirge nach ihrten Wahlabsichten gefragt wird: "Wir haben schon der CDU eine Chance gegeben, dann der SPD und jetzt bekommt die NPD eine." Man muß sich leider damit abfinden, daß die Masse der Wähler sich nicht mit den politischen Fragen, Programmen usw. beschäftigt. Die Leute haben schlichtweg eine völlig andere Sichtweise auf NPD und DVU. Deshalb wird diesen Leuten die Diskussion komisch vorkommen, und sie werden sich eher noch in ihrer Wahlabsicht bestärkt fühlen. Auch Interviewabbrüche und Verlassen des Wahlstudios zeigt diesen in ihren Augen, daß sie richtig gehandelt haben. Und zu Schluß: Menschen, deren bevorzugte Meinung aus BILD und ähnlichem besteht sind einfache, schlagkräftige Argumente gewöhnt. Und wer hat die geliefert? Eben. Die Parolen entsprechen genau deren Herangehensweise an Probleme, wie sie sie schon immer kannten. Wer das alles wirklich verstehen will, sollte mal nach Sachsen kommen und solchen Leute zuhören. Und alle Rezepte dagegen beruhen darauf, Menschen mit Argumenten, Reden usw. umzustimmen. Aber wenn diese Leute gerade Argumenten zugänglich wären, warum haben sie dann rechts gewählt. Vielleichtmuß man anerkennen, das man mit dieser Herangehensweise nicht alle erreichen kann.

Herr Braun am 21.09.2004 - 18:08:08

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